Gesetzliche Versicherung

Krankenkasse: Anrecht auf Krankengeld ausnahmsweise auch bei verspäteter Krankschreibung

Das Bundessozialgericht hat am Donnerstag mit einem aktuellen Urteil die Rechte von Kassenpatienten gestärkt. Sucht ein Patient rechtzeitig den Arzt auf, um sich krankschreiben zu lassen, darf die Kasse das Krankengeld nicht streichen, wenn der Arzt den Krankenschein verspätet ausstellt. Denn Kassenpatienten sollen nicht für den Fehler des Arztes bestraft werden.

Wenn Arbeitnehmer längere Zeit erkranken, haben sie ab der siebten Woche Anspruch auf Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Zuvor erhalten sie weiterhin den Lohn von ihrem Arbeitgeber. Ausschlaggebend für den Anspruch auf Krankengeld ist der Tag, an dem der Arzt einen Patienten als arbeitsunfähig eingestuft hat. Bei der Verlängerung des Anspruchs kommt es immer wieder zu Problemen, denn der Arbeitnehmer muss ohne Unterbrechung krankgeschrieben gewesen sein, um das Anrecht aufrecht zu erhalten. Das bedeutet, dass am letzten Tag der bestehenden Arbeitsunfähigkeit für die Folgezeit erneut Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt werden muss.

Zwei Rechtsstreite, in denen sich Ärzte irrten

Im konkreten Rechtsstreit wurden zwei Streitfälle verhandelt. In einem Verfahren meinte ein Hausarzt, der Klägerin brauche am letzten Tag der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit-Dauer nicht erneut Arbeitsunfähigkeit (wegen einer vorliegenden depressiven Episode) attestiert zu werden. Denn die Frau hatte am Tag darauf ohnehin einen Termin bei einer Psychiaterin und die Praxis des Arztes war voll.

In einem weiteren Verfahren war die Klägerin eine Frau, die sich einer Chemotherapie unterzogen hatte. Auch hier erfolgte die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu spät: der Arzt musste später bestätigen, dass er es „leider verpasst“ habe eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen. Der Mediziner bestätigte aber rückwirkend, dass die Arbeitsunfähigkeit durchgehend bestanden habe. Hier zahlte die Kasse letztendlich weiter.

In beiden Fällen also fehlte die Fehleinschätzung eines Arztes dazu, dass die Patientinnen ihren Anspruch auf Krankengeld verloren haben. Der 3. Senat des Bundessozialgerichtes (BSG) Leipzig hat nun entschieden, dass eine Krankenkasse ausnahmsweise Krankengeld auch gewähren muss, wenn die Fehleinschätzung des Arztes über die Notwendigkeit einer Arbeitsunfähigkeit-Bescheinigung auf nichtmedizinischen Gründen beruht, wie aus einer Pressemeldung des Gerichtes hervorgeht.

Fehleinschätzung des Arztes darf nicht zum Verlust des Krankengeldes führen

Schon bisher sei aber ausnahmsweise Krankengeld zu zahlen, so betonten die Richter, wenn der Arzt die Arbeitsunfähigkeit-Folgebescheinigung aufgrund einer medizinischen Fehlbeurteilung nicht erstellte, der Versicherte aber selbst insoweit alles in seiner Macht Stehende getan hatte. Die Ärzte dürfen den Patienten dann auch nicht in Regress nehmen. Dies gelte aber nur unter engen Voraussetzungen. Hier haben die Richter den Anspruch von Patienten weiter konkretisiert.

„Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), die – anders als das Gesetz – eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeit-Attestierung erlauben, kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass ein Vertragsarzt weiß, dass ein solches Attest aber zum Verlust langzeitiger Krankengeld-Ansprüche des Versicherten führt“, heißt es in der Pressemeldung. „Die Krankenkassen wirken durch Vertreter an den Beschlüssen im GBA mit. Deshalb erscheine es treuwidrig, wenn sich die Krankenkassen bei dieser Sachlage trotz ihrer Mitverantwortung für die Richtlinien von ihrer Leistungspflicht befreien könnten“. (BSG, Urteil v. 11.5.2017 – B 3 KR 22/15 R, B 3 KR 12/16 R)

 

Zusatzbeitrag in gesetzlicher Krankenversicherung bisher stabil

Bis zum 21. Dezember hatten bereits 59 Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag für 2017 bekanntgegeben. Die gute Nachricht: entgegen dem Erwarten vieler Experten bleiben die Prämien in der gesetzlichen Krankenversicherung bisher weitestgehend stabil.

Zur Zeit haben bereits 59 von 113 Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag für 2017 bekanntgegeben, wie die Franke Media-Gruppe meldet. Und nur sechs dieser 59 Anbieter planen bisher, ihren Zusatzbeitrag zu erhöhen. Die Beitragsanpassungen liegen zwischen 0,15 und 0,30 Prozent.

Diese relative Beitragsstabilität ist eine gute Nachricht für viele Kassenpatienten, haben doch Experten mit hohen Preissteigerungen für kommendes Jahr gerechnet. So warnte etwa Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, im Sommer diesen Jahres, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2017 um 0,3 Prozentpunkte anwachsen könnte. Aber natürlich bleibt abzuwarten, wie jene verbliebenen Kassen ihren Zusatzbeitrag anpassen werden, die ihre Daten noch nicht mitgeteilt haben.

„Im Schnitt liegt der Zusatzbeitrag 2017 momentan bei 0,97 Prozent und wird final wahrscheinlich nur knapp über dem Durchschnitt des Vorjahres liegen“, berichtet Franke Media. Hintergrund ist der Umstand, dass die Krankenkassen seit 2015 einen individuellen Zusatzbeitrag erheben dürfen, wenn sie die Kosten nicht decken können. So will der Gesetzgeber den Wettbewerb zwischen den Kassen befördern. Dieser Zusatzbeitrag wird auf den Grundbeitrag von 14,6 Prozent des Einkommens draufgeschlagen, den die Mitglieder der Kassen grundsätzlich zahlen müssen.

Die Anhebung des Zusatzbeitrages berechtigt gesetzlich Krankenversicherte dazu, ihre Mitgliedschaft bei der Krankenkasse binnen Monatsfrist außerordentlich zu kündigen. Darüber hinaus besteht ein grundlegendes Kündigungsrecht von zwei Monaten, wenn die Mitgliedschaft bei der Kasse bereits seit mindestens 18 Monaten besteht. Auf den Preis allein sollten Versicherte nicht achten, auch der Leistungskatalog der Krankenkasse ist wichtig. Denn auch bei den Leistungen gibt es durchaus Unterschiede zwischen den einzelnen Kassenanbietern, etwa bei der Finanzierung von Gesundheitskursen.

Studenten zahlen für die Krankenkasse zum Wintersemester mehr

Studenten zahlen zum Wintersemester 2016/17 mehr für die Krankenkasse. Das hat aber eine ganz konkrete Ursache: das Bafög wurde angehoben. Dennoch kann sich ein Vergleich der Krankenkasse lohnen, denn auch der Zusatzbeitrag spielt bei der Höhe der monatlichen Prämie eine Rolle.

Wenn in wenigen Tagen wieder die Vorlesungen an der Uni beginnen, werden viele Studenten auch höhere Beiträge für ihre Krankenkasse zahlen müssen. So zumindest, wenn sie nicht mehr familienversichert sind und sich selbst pflichtversichern müssen. Die Krankenkassen bieten für diese Zielgruppe ermäßigte Beiträge an. Doch die Prämien sind gekoppelt an den Bafög-Höchstsatz.

Zusatzbeitrag: 12 Euro Ersparnis möglich

Der Bafög-Förderhöchstsatz wurde zum August angehoben, und zwar auf 649 Euro monatlich. Studenten zahlen pauschal 10,22 Prozent der Höchstfördersumme für ihren Krankenkassen-Beitrag, also 66,33 Euro. Hinzu kommt der Beitrag für die Pflegeversicherung.

Aber dies ist nicht die einzige Größe, welche über die tatsächliche Höhe der Versicherungsprämie entscheidet. Seit 2015 dürfen die Versicherer einen individuellen Zusatzbeitrag erheben, wenn das zugeteilte Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht reicht. Beim Zusatzbeitrag gibt es Unterschiede zwischen den Kassen: aktuell liegt er zwischen null und 1,9 Prozent. Die Anhebung des Zusatzbeitrages bewirkt übrigens ein einmonatiges Sonderkündigungsrecht.

Über den Zusatzbeitrag können Studenten also zusätzlich Beiträge einsparen, derzeit maximal 12 Euro im Monat. Aber wer ein kleines Portemonnaie hat und zusätzlich auf Bafög angewiesen ist, für den ist das viel Geld.

Studierende können Krankenkassen-Zuschuss beantragen

Die Höhe des Beitrages sollte nicht das alleinige Merkmal für die Wahl einer Krankenkasse sein. Auch auf Zusatzleistungen lohnt es sich zu achten: Unterschiede gibt es beispielsweise bei der Finanzierung bestimmter Gesundheitskurse oder Vorsorgeuntersuchungen.

Apropos Bafög: Ist der Studierende beitragspflichtig versichert, kann er zu dem Bafög-Bedarf jeweils noch 71 Euro für die gesetzliche Krankenkasse (bisher 62 Euro) und 15 Euro für die Pflegeversicherung (bisher 11 Euro) beim Bafög-Amt beantragen, sofern er nicht familienversichert ist.

Ehrenamt gefährdet nicht Schutz durch Künstlersozialkasse

Wer in der Künstlersozialkasse versichert ist und im Ehrenamt mit einer nichtkünstlerischen Tätigkeit so viel verdient, dass die erlaubte Geringfügigkeitsgrenze aus dem Nebenerwerb überschritten ist, darf trotzdem in der Künstlersozialversicherung verbleiben. So soll die Aufwandsentschädigung im Ehrenamt ja gerade sicherstellen, dass man seinen Hauptberuf nicht aufgeben muss. Dies hat das Bundessozialgericht bestätigt (Az: B 3 KS 1/15 R)

Für viele Künstler, Autoren und Musiker ist die Künstlersozialkasse überlebenswichtig. Sie garantiert den Kreativen zu reduzierten Beiträgen einen vollwertigen Zugang zur Renten- und Krankenversicherung. Nur die Hälfte der anfallenden Kosten müssen die Künstler selbst aufbringen, den Rest teilen sich die Steuerzahler (20 Prozent) und jene Unternehmen, die Kunstwerke in Auftrag geben (30 Prozent).

Damit die Mitglieder von den ermäßigten Beiträgen profitieren können, macht ihnen der Gesetzgeber strenge Vorgaben. So muss garantiert sein, dass sie tatsächlich ihren Broterwerb mit kreativer Tätigkeit bestreiten. Wenn sie jedoch einen nichtkünstlerischen oder publizistischen Nebenjob haben und die Einnahmen daraus die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro im Monat übersteigen, müssen sie sich unter Umständen anderweitig versichern.

Ehrenamtliche Gelder gefährden KSK-Schutz nicht

Diese Ausgangssituation war auch bei einer Frau gegeben, die sich als Journalistin und Lektorin ihr Geld verdingte, aber zugleich ehrenamtlich im Rat einer nordrhein-westfälischen Großstadt tätig war. Für ihr politisches Engagement erhielt die Frau Bezüge wie Sitzungsgelder, Aufwandsentschädigungen und Ersatz von Verdienstausfall. Und zwar so viel, dass dieser „Nebenerwerb“ die Geringfügigkeitsgrenze überstieg. Die Einnahmen waren aus „sonstiger selbstständiger Tätigkeit“ einkommensteuerpflichtig. Daraufhin stellte die Künstlersozialkasse das Ende der Mitgliedschaft fest und wollte die Frau vor die Tür setzen. Die Journalistin ließ sich das nicht gefallen und klagte gegen den Rauswurf.

Zu Recht, wie der 3. Senat des Bundessozialgerichts betonte. Die Publizistin darf auch weiterhin in der Künstlersozialversicherung bleiben, weil sie das kommunalpolitische Mandat als Ratsmitglied rein ehrenamtlich und damit nicht „erwerbsmäßig“ im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 5 Künstlersozialversicherungsgesetz ausübt. Mit dem Urteil korrigierte das höchste Sozialgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen.

„Ehrenamt“ ist kein Broterwerb

Die Richter erklärten: Das Ende der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz soll nur dann eintreten, wenn die andere selbstständige Tätigkeit von ihrem Zweck her (also nicht als bloßer Nebenzweck) auf den „Broterwerb“ gerichtet ist. Dem Ehrenamt als Ratsmitglied liegt der Grundsatz der Unentgeltlichkeit zugrunde; das Ratsmitglied soll die bisherige Berufstätigkeit fortführen und den damit verbundenen sozialversicherungsrechtlichen Status nicht verlieren.

Mit anderen Worten: Wer ein Ehrenamt übernimmt, soll ja gerade deshalb eine Entschädigung erhalten, damit er seinen Job nicht aufgeben muss. Wer sich kommunalpolitisch engagiert, soll nicht noch dadurch bestraft werden, dass er seine Kranken- und Rentenversicherung verliert. Folglich darf die Frau in der Künstlersozialkasse bleiben (Az: B 3 KS 1/15 R).

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